Ärzteverbände fordern Grundrechte ein
1999 +++ BAO, Hartmannbund, Vertragsärztliche Bundesvereinigung
Die unterzeichnenden Verbände fordern
hiermit das Deutsche Parlament und den Bundesrat auf, bei der anstehenden
Gesundheitsreform die Grundrechte der Ärzte und Patienten/innen zu berücksichtigen. Grundrecht auf Berufsfreiheit Als Freiberufler steht den Ärzten das Recht auf Niederlassungsfreiheit
in Deutschland und Europa zu. Das Recht wird durch Zulassungsbeschränkungen zur
vertragsärztlichen Versorgung (Eintrittsalter 55 Jahre, Höchstaltersgrenze
68 Jahre) eingeschränkt. Berufsfreiheit des Arztes bedeutet u.a. Therapiefreiheit. Dieses Recht wird eingeschränkt, wenn der Arzt für
90 % der Bevölkerung, nämlich die gesetzlich Versicherten,
nur bestimmte Arzneien der Positivliste verschreiben kann. Berufsfreiheit des Arztes besagt auch, daß das Morbiditätsrisiko
der Bevölkerung bei den Krankenkassen liegen muß und nicht bei
den Ärzten. Die freiberuflich tätigen Ärzte sind keine
Erfüllungsgehilfen der mittelbaren Staatsverwaltung (KVen, Krankenkassen)
und müssen deshalb das Morbiditätsrisiko ihrer Patienten nicht
übernehmen. Berufsfreiheit bedeutet das Recht des Arztes auf angemessene
Vergütung. Es ist ein Mißbrauch des ärztlichen Berufsethos
durch den Staat, wenn dieser ärztliche Leistungen zu nicht-kostendeckenden
Vergütungen z.B. beim Ambulanten Operieren verlangt. Berufsfreiheit bedeutet ein Recht auf Qualitätsarbeit. Wenn Qualitätsarbeit nicht angemessen vergütet
wird, werden die Vertragsärzte gezwungen, den Umfang und die Qualität
ihrer Leistungen der Vergütung anzupassen. Grundrecht auf Eigentum Das Grundgesetz garantiert den Schutz des Eigentums und der
Erbrechte. Das Recht wird durch die Einschränkung des Verkaufs
von Vertragsarztpraxen sowie die Festlegung der Altersgrenze von Vertragsärzten
eingeschränkt. Grundrecht auf persönliche Freiheit der Bürger Die Würde des Menschen schließt auch das Recht
auf freie Arztwahl und das Recht auf die Wahl von Medikamenten ein. Das Reformgesetz beschränkt die freie Arztwahl und
die Wahl eines Großteils der Medikamente auf die angebotenen Leistungen
der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Alle Leistungen außerhalb
des Angebots der GKV müssen von den gesetzlich Versicherten privat
bezahlt werden, auch wenn sie medizinisch sinnvoll und notwendig sind.
Die Versicherten müssen also auch den sog. "Kassenanteil"
an den notwendigen Leistungen selbst übernehmen und werden gezwungen,
entweder das in ihren Augen mindere Angebot der Gesetzlichen Krankenversicherung
zu akzeptieren oder auch den "Kassenanteil" an notwendigen Leistungen,
den sie mit ihrem Mitgliedsbeitrag schon bezahlt haben, zu übernehmen.
Sie müssen also einen Teil der medizinisch notwendigen Leistungen
doppelt bezahlen. Das Recht auf freie Arztwahl wird außerdem eingeschränkt,
wenn Bürger vor dem Besuch eines Facharztes die Zustimmung eines
Hausarztes einholen müssen. Die Würde des Menschen schließt den persönlichen
Datenschutz ein. Fazit Sollte der Gesetzesentwurf Gesundheitsreform 2000 in der
jetzigen Fassung Gesetz werden, würde dieses bedeuten: Fast allen Deutschen, nämlich 90 % der Bevölkerung,
wird in unserem staatlich verwalteten Gesundheitssystem vorgeschrieben, wie
hoch die Ausgaben für Gesundheit sein dürfen. Dabei haben die Versicherten
nicht die Möglichkeit, für medizinisch notwendige Leistungen außerhalb
der Gesetzlichen Krankenversicherung Erstattung eines sog. Kassenanteils zu
erhalten. Eine solche Einschränkung mag für freiwillig eingegangene
Versicherungen rechtens sein, aber nicht für 90 % der Bevölkerung,
die noch dazu überwiegend zwangsversichert ist. Den Kassenärztlichen Vereinigungen wird das Recht abgesprochen,
sich für die Interessen der Kassenärzte einzusetzen; ihre demokratischen
Einrichtungen werden durch staatlich vorgegebene Strukturen ersetzt. Der staatliche
Sicherstellungsauftrag wird weitgehend auf die demokratisch nicht legitimierten
Krankenkassen übertragen. Diese Ausdehnung der Gesetzlichen Krankenversicherung
zu einer "Volksversicherung" für 90 % der Bevölkerung
entspricht nicht verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das Gesundheitsreform-Gesetz in der vorgelegten Form wird
die Grundrechte der Ärzte und Bürger verletzen. Unterzeichnende Verbände: Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg: Präsident des Bundesverbandes für Ambulantes Operieren
e.V. -BAO- Sterntorbrücke 3, 53111 Bonn Vorsitzender der Vertragsärztlichen Bundesvereinigung
V.B.V., Arbeitsgemeinschaft der VV'en Lindenstraße 9, 41515 Grevenbroich Dr. med. Hans-Jürgen Thomas: Vorsitzender des Hartmannbundes, Verband der Ärzte Deutschlands
e.V. Godesberger Allee 54, 53175 Bonn
Dr. med. Joachim F. Treppmann: